Eine Reha und Frau Dou :-)

Und wieder ist eine ewig lange Zeit vergangen in der scheinbar nix passiert ist.

Aber es ist so unendlich viel passiert - wo fang ich an?

 

Vielleicht für den Anfang mit der Feststellung, dass Corona noch immer existiert und noch immer ein A....loch ist.

Natürlich lernt der Mensch mit der Zeit, sich den Gegebenheiten weitestgehend anzupassen aber ich persönlich finde es beängstigend, dass ich manchmal darüber nachdenke, dass ich vermutlich nie wieder mit größeren Menschenmassen zurecht kommen werde.

 

Ich war noch nie der "ich geh auf ein Festival mit 1000-en Menschen Typ" aber dieses vor Corona schon vorhandene Unwohlsein bei Menschenansammlungen hat sich proportional zur Dauer der Pandenie bei mir verstärkt.

 

Es war schon ein sehr seltsames, ungewohntes Gefühl, als wir mit unserer MS-Selbsthilfegruppe im Februar diesen Jahres nach einem Jahr zum ersten Mal wieder ein Präsenztreffen abhalten konnten.

 

Ein Highlight für 2022 war schon im vergangenen Jahr gedanklich geboren und auf den Weg gebracht worden - nach 2 Jahren war es wieder an der Zeit, eine Reha zu beantragen.

Erstaunlicherweise ging das alles ruck-zuck, vermutlich komme ich jetzt schon in die Schiene der "alten Hasen", weil ich bereits weiß, welche Formulare ich ausfüllen und welche Ärzte am besten welche Knöpfe drücken müssen.

 

Antrag raus zur DRV und unglaublich schnell kam die Genehmigung. Vielleicht hat sich die deutsche Rentenversicherung ja auch schon an mich gewöhnt, zumal es "the same procedere as for two years" war. Meine Wunschklinik war die Gleiche wie vor zwei Jahren - Medical Park Klinik in Bischofswiesen im traumhaft schönen Berchtesgadener Land.

 

Einen Unterschied gab es aber zu meinem ersten Aufenthalt - diesmal würde ich nicht alleine zur Reha aufbrechen. Als ich meinen Rehaantrag im vergangenen Herbst losgeschickt hatte und davon bei einem Albatros-Selbtshilfegruppentreffen erzählte, kamen meine Freundin und 1. Gruppenleiterin Beate und ich auf den Gedanken, dass sie doch eigentlich auch einmal Anspruch auf eine Reha haben könnte. Ihr Nachwuchs, der mittlerweile wie meine Tochter nicht mehr ganz so pflegeintensiv wie kleine Kinder war, würde das mit Sicherheit  gut wegstecken. Manchmal ist ein bisschen Abstand auch ganz gut um sich wieder einmal neu zu skallieren, auf allen Seiten .... :-)

 

Gesagt getan - es lief auch bei ihrer Beantragung wie am Schnürchen und so saßen wir zwei Beiden im Frühling in meinem Auto und machten uns auf den Weg in eine Gegend, wo für mich schon der bloße Anblick ausreicht, um mich ruhig und gelassen werden zu lassen.

 

Berchtesgadener Land - wir kommen!

 

Die Reha war - wie nicht anders zu erwarten - ein voller Erfolg. Wobei ich für mich festgestellt habe, dass es einen Unterschied macht, wenn man (also ich) nicht ganz alleine unterwegs ist. Lag das vielleicht auch an dem Corona-Gedöns? Bin ich mittlerweile nicht mehr "Gemeinschaftsfähig"? ....wie auch immer, es hat ein wenig länger gedauert, mich ganz auf die Reha einzulassen aber es ist geglückt und ich zehre noch immer davon.

 

 Und Freundinnen sind wir auch noch immer ;-)

 

Was ich nie vergessen werde, ist eine Begenung die mir/uns geschenkt wurde. An unserem fest zugewiesenen Tisch mit ebenso festgelegten Tischzeiten (wegen C..... - ihr wisst schon) war in unserer ersten Woche ein Wechsel der Besetzung, weil die nette Dame, die bei unserer Ankunft schon da war, ihre Reha beendete und wieder nach Hause fuhr.

Am nächsten Tag saß da eine kleine, nette unglaublich freundliche Dame mit chinesischen Wurzeln neben mir und irgendwie flog ihr mein Herz vom ersten Augenblick gleich zu.

 

Frau Dou .......

 

Sie konnte sich durchaus auf deutsch verständigen, auch wenn dazu neben der Sprache Hände und Füße von Nöten waren. Was sie nicht so gut konnte, war das Lesen der Speisekarten und das Verstehen von hastig dahingeredeten Sätzen. Also war ich von Beginn an ihre Bezugsperson, wenn es ums Verstehen der deutschen Klinikalltaggepflogenheiten und die Speisekarte ging.

Es war so süß und herzerwärmend zu erleben, wie dankbar und froh sie war, Hilfe zu bekommen, die nicht an den Klinikstress verloren ging. Die Mitarbeiter der Klinik waren/sind großartig und tun alles dafür, dass es den Patienten gut geht. Leider war aber auch hier zu spüren, dass der allgegenwärtige Personalmangel seinen Tribut forderte und so war nicht nur Frau Dou erleichtert, dass sie eine geduldige Mitpatientin an ihrer rechten Seite hatte, sondern auch die Mitarbeiter waren entlastet, wenn nicht sie sondern ich/wir auf die zahlreichen Fragen unsrer Frau Dou Antworten suchten und fanden.

Eines Tages überraschte Frau Dou uns mit einer extra für eine bessere Verständigung auf ihrem Smartphone installiertem Übersetzungsapp. Sie hatte Tags zuvor mit Ihrem Sohn ich China telefoniert und der hatte ihr das wohl empfohlen. Jetzt konnten wir also mit einfacher Sprache (wenn auf dem Speiseplan Schollenfilet stand, war das eben einfach "Fisch" - was eine Scholle ja auch ist oder es gab Rinderschmorbraten, was dann abegkürzt einfach Rind, Hähnchenbruststreifen war einfach Huhn, was vielleicht nicht ganz politisch korrekt war,  aber warum sollte man manche Dinge derart verkomplizieren?), mit Händen und Füßen UND via Übersetzungsapp am Smartphone kommunizieren.

Irgendwann nach einem Ausflug von Beate und mir fragte Frau Dou ganz interressiert, was wir gemacht hätten. Wir erklärten es und ganz schnell war klar, dass sie beim nächsten Wochenendausflug mit dabei sein wollte. Wir klärten im Vorfeld mit der Rezeption ab, ob unsere nette Frau Dou das auch schaffen könnte und erfuhren bei der Gelegenheit, dass diese quirlige, agile, zauberhafte Dame schon 84 !!!!!!!! Lenze jung/alt war. Bei unserer ersten Begegnung ging sie am Rollator aber mittlerweile flitzte sie ohne Hilfsmittel durch die Gänge oder benutzte den Rollator lediglich dazu, um am Abend ihr heißes Wasser in der Thermoskanne mit aufs Zimmer zu nehmen und manchmal noch ein bisschen Gemüse, von dem sie nach meinem Eindruck jeden Tag kiloweise zu sich nahm.

Gesagt getan, am nächsten Wochenende war unsere Frau Dou dabei und ging doch tatsächlich insgesamt 7 Kilometer mit uns den Soleleitungsweg hin und zurück.

Ganz ehrlich - wenn ich in dem Alter noch so drauf bin, hab ich alles richtig gemacht (und vermutlich zumindest versucht, jeden Tag kiloweise Gemüse zu essen ;-) ....).

 

Von da an haben wir einige Spaziergänge rund um das Klinikgelände zusammen mit "unserer" Frau Dou gemacht und hatten immer viel Spaß.

 

Sie war so traurig, dass wir vor ihr wieder nach Hause gefahren sind und der Abschied ist uns allen nicht ganz leicht gefallen.  Allerdings haben wir die Mailadressen ausgetauscht und die eine oder andere Mail ist auch schon hin und her geschickt worden.

Wer weiß, vielleicht ergibt sich ja doch noch einmal die Gelegenheit auf ein Wiedersehen zu einem Kaffee oder Tee - immerhin wohnen wir im gleichen Bundesland - im wunderschönen Bayern :-)

 

 

Bis bald .....

 

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